Sonntag, 26. März 2017

Curriculum Vitae

Überdenken. Planen. Möglichst viel in möglichst wenig Zeit. Keine Lücke im Lebenslauf haben. Hobbys müssen Leidenschaft sein, Leidenschaften müssen relevant und wichtig sein. Selbstoptimierung- das Alpha und Omega, solange es darum geht, möglichst ehrgeizig jemanden zu erschaffen, der erfolgreich im Leben sein wird. Ehrgeizig. Man könnte auch zielstrebig sagen, doch was bedeutet das? Welches Ziel?
Ich strebe und strebe, und weiß manchmal nicht mehr, wohin eigentlich. Ich versuche zu optimieren, doch für was? Ich habe das Gefühl, ich werde gezwungen meinen Weg so zu gestalten, dass er möglichst fixiert ist auf mich- keine Bindungen, immer spontan sein, Reisen, wenn ich nur daran denke, über Familie oder einen festen Wohnort nachzudenken, habe ich schon das Gefühl ich werde von meinen imaginären Generationsvorsitzenden mit hochgezogenen Augenbrauen angestarrt und dann in das Gefängnis der Aussätzigen geschickt.
Ich möchte auch erfolgreich sein-ich möchte verändern, feststellen, analysieren, handeln. Doch habe ich das Gefühl, ich darf dies nicht mit der Bedingung tun, an die Menschen zu denken, die mir lieb sind, die mein Leben für mich definieren, denn trotz der zwar des Öfteren desorientierten Zielstrebigkeit ist mein Ziel im Leben, mein ,,Lebenswerk'', nicht, die Welt zu retten. Es ist nicht, möglichst erfolgreich im Beruf zu sein. Ich möchte mich nicht mit meinem Beruf selbsterfüllen, sondern durch mein Privatleben, und damit meine ich meinen Umgang mit Menschen in meinem Umkreis, meine Ausstrahlung, meine Person, mein Wesen; Das ist für mich Selbsterfüllung.
Auch ich möchte einen Beruf erlernen und haben, den ich möglichst gut mit meinem Wesen vereinbaren kann, und auch ich möchte den, so oft von Freunden, Verwandten, Lehrern und Bekannten gepriesenen ,,Spaß an der Arbeit'' haben. Aber ich möchte nicht meine Jahre als junger Erwachsener damit verbringen, dafür mein Leben zu opfern.
Das klingt hart. Ist es auch. Ich weiß dass viele Menschen in meinem Alter gerade das so dringend wollen: ungebunden und wild reisen, Aktivist sein, jede Chance ergreifen. Lebens- und Berufserfahrung sammeln, das ist offensichtlich das gute Leben.
Ich habe das Gefühl, ich bleibe mit meiner Entwicklung auf der Strecke. Ich habe zwar mein Studium, meinen Job und meine Freunde, und damit bin ich zufrieden. Ich habe gefunden, was ich brauche, um ein glückliches Leben zu führen, und das ist Sicherheit, eine Aufgabe, Weiterbildung und Freunde, Familie, zwischenmenschliches, eben die emotionalen Aspekte. Wieso sollte ich mich in das Reich der unbegrenzten Möglichkeiten hereinstürzen? Ich haben in den Staaten gelebt, die ja als eben dieses Reich gelten und würde aber mittlerweile sagen, dass meine Generation die Verkörperung dessen ist. Wir haben unendliche Möglichkeiten, unendliche Studiengänge und fast alles ist möglich. Mir persönlich ist dieser Individualismus ein Verhängnis. Er verwirrt mich sogar soweit, dass ich zwischenzeitlich gar nicht mehr wusste, was ich eigentlich will, wer ich bin und was von mir erwartet wird. Ich würde mir manchmal wünschen, und auch da hören meine imaginären Generationsvorsitzenden am besten wieder weg, einfach wie früher einen Beruf vorgesetzt bekommen zu haben und diesen auszuüben. Das klingt jetzt so, als wolle ich einfach keine Verantwortung für meine Entscheidungen tragen, und in gewissen Maße ist das auch so. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Weg, für den ich mich entschieden habe, der richtige ist, ist so winzig, dass es mir wirklich, wirklich Angst einjagt. Zukunftsangst- jeder kennt sie, jeder redet darüber. Und am Ende des Tages bleibt die Frage: Habe ich mich für den richtigen Weg Entschieden?

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